„How-to: Der Business-Angel-Guide“ ist eine Einführung in die spannende Welt der Startups. Die Beitragsreihe ist Ratgeber, Erfahrungsbericht und Hilfestellung für die ersten Schritte als Business Angel. Sie macht deutlich, was die Entscheidung, ein junges Unternehmen aktiv zu begleiten und finanziell zu unterstützen, bedeutet. Denn Business Angel sein: Dazu gehört neben Kapital eine ordentliche Portion Leidenschaft!

Business Angels investieren in der Regel nicht nur in ein Unternehmen, sondern bauen sich über die Zeit ein goßes Portfolio mit Startup-Beteiligungen auf. Gerade da Investitionen in frühen Gründungsphasen durch ein höheres Risiko geprägt sind, ist es ratsam, dieses Risiko durch eher kleinere Investments in eine dafür größere Anzahl an Startups zu minimieren. Voraussetzung dafür ist ein starker Dealflow – die stetige Suche nach neuen Investitionsvorschläge. Eine besonders große Auswahl trägt dazu bei, schnell Startups zu finden, welche zum persönlichen Branchenfokus und den gesetzten Anforderungen passen.
So einfach, wie man sich die Suche vorstelle, sei sie in der Praxis dann aber doch nicht, erzählt Business Angel Jens Utz. „Die Auswahl zum richtigen Thema, Produkt und Team ist sehr zeitintensiv, das ähnelt einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“
Wie lässt sich die Nadel im Heuhaufen also ausfindig machen? Der Stuttgarter stand uns Rede und Antwort.

Grundsätzlich gibt es viele Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass der Dealflow nicht ins Stocken gerät. Für die Anfänge als Business Angel sei der Besuch von Veranstaltungen ein wichtiger Punkt. „Auf jeden Fall so viele qualitative Pitch-Events besuchen wie möglich“, empfiehlt Jens Utz. Dies bringe zwei wichtige Vorteile mit sich:
Hierdurch erhält man einen einmaligen „Live“-Überblick zu den aktuellen Entwicklungen der neuesten innovativen Themen. Außerdem bietet jeder Besuch eine Erweiterung des persönlichen Netzwerkes mit unterschiedlichen Akteuren.
Für Business Angels ist der Aufbau eines umfangreichen Netzwerkes erforderlich. Aus diesem Grund ist gerade der Start als Privatinverstor*in besonders zeitintensiv. Ein weiteres Plus qualitativer Pitch-Events: Die teilnehmenden Startups sind oftmals im Voraus sorgsam ausgewählt und haben einen längeren Bewerbungsprozess durchlaufen. Vieles spricht dann dafür, dass sie gut vorbereitet, „investor-ready“, sind. Mit der Zeit, wenn grundsätzliche Erfahrungswerte und Informationen zusammengetragen wurden, lassen sich solche Besuche auf Pitch- und Netzwerkveranstaltungen auf ausgewählte Formate eingrenzen.
Pitch-Veranstaltungen gibt es in Deutschland wie Sand am Meer. Zu den größten ihrer Art gehören unter anderem Bits and Prezels in München, deGut in Berlin oder The Founder Summit in Wiesbaden. Doch Größe und Bekanntheitsgrad sind nicht unbedingt die Kriterien, die für einen Besuch ausschlaggebend sein sollten. Für die richtige Auswahl an „qualitativen“ Pitch-Events hat der Stuttgarter Business Angel einige Tipps parat.
Kriterien für die Event-Auswahl sollten unter anderem sein:
- Welche Teilnehmer-Struktur ist bei dem Event vertreten?
- Gibt es eine Übersicht über die Startups – trifft es meine Interessen / Themenbereich?
- Stehen One-Pager oder grundsätzliche erste aussagekräftige Basic-Infos der Startups für die Investor*innen zu Verfügung?
- Gibt es ein koordiniertes Matching zw. Gründer*innen und Investor*innen, durch Miteinbeziehung ihrer Interessen von Seiten der Organisatoren?
- Sind neben den Pitches auch Möglichkeiten für ein angenehmes Netzwerken vor Ort vorhanden?
Die Recherche im Internet und die Beantwortung dieser Kriterien verschaffen Orientierung innerhalb der Angebote. Welche Veranstaltung die eigenen Interessen am besten abdeckt, ist jedoch auch stark vom Branchenfokus abhängig.

Kontakte durch Netzwerke
Ein weiterer wichtiger Ansatz, der zur Gewährleistung eines Dealflows beitragen kann, sind Business Angels-Netzwerke. Ob auf lokaler oder überregionaler Ebene – Sie ermöglichen den Zugang zu spannenden Jungunternehmen. Liegt der Investitionsfokus zusätzlich auf einer bestimmten Region sind vor allem lokalen Netzwerke nützlich, um sich einen Überblick über die regionale Startup-Szene zu verschaffen. Die Netzwerke erhalten auch immer wieder direkte Anfragen von Gründer*innen, was die Suche erleichtern kann. Wer als Business Angel direkte Anfragen von Startups begrüßt, kann sich auch bei LinkedIn als Privatinvestor*in zu erkennen geben und darauf aufmerksam machen für einen ersten Austausch offen zu sein.
Um ein branchenspezifisch passendes Startup zu finden, ist es jedoch außerdem sinnvoll, sich an breiter aufgestellte, überregionale Business Angels-Netzwerke zu wenden. Das Business Angels Netzwerk Deutschland bietet z.B. die Möglichkeit an, regelmäßig aus One-Pagern bestehende Updates zugeschickt zu bekommen. Diese fassen die Investitionsgesuche registrierter Startups kurz und bündig zusammen und geben einen gebündelten Einblick in Geschäftsidee, Gründerteam und Status Quo.

Unternehmergeist im Digitalen
Eine besonders einfache Art, Startups als Anlagemöglichkeit zu nutzen, ist Crowdinvesting. Dabei ist der Dealflow praktisch nur einen Mausklick entfernt. Beim Crowdinvesting tun sich viele Kleinanleger auf einer Internet-Plattform zusammen und investieren dann als Gruppe. Große Plattformen wie Seedmatch, Aescuvest oder Companisto bieten zahlreiche Möglichkeiten, das richtige Investment zu finden und es bei geplanten unternehmerischen Vorhaben finanziell zu unterstützen. Das volle Programm als Business Angel gibt es damit aber nicht. Investor*innen sind lediglich finanziell involviert. Ihnen werden keine Mitspracherechte in den Entscheidungen des Startups eingeräumt. „Da Crowdinvesting mir zu weit von einer unternehmerischen Beteiligung entfernt ist, verfolge ich diesen Investitions-Ansatz nicht mehr“, sagt Jens Utz. Wer auf die direkte Arbeit mit einem Gründerteam nicht verzichten möchte, für den bleibt der persönliche Kontakt unerlässlich.
Eigene Ideen festhalten
Ist es erst einmal so weit, dass ein erster, ernstzunehmender Austausch mit den Gründer*innen auf dem Plan steht, sollten eigene konkrete Voraussetzungen und Vorstellungen für ein Investment bereits feststehen. „Planvoll und strukturiertes Vorgehen ist angesagt“, erklärt der Business Angel.
- Wo und warum möchte ich mich beteiligen?
- Die Investment-Art ist wichtig, direkte Beteiligung oder Wandelanleihe?
- Welches Budget steht zur Verfügung?
- Und ein für mich persönlich wichtiger Punkt ist: Welchen Mehrwert kann ich für das Startup bieten?
Bis alles passt und das Investment folgt, vergehen in den meisten Fällen mehrere Monate. Noch länger dauert es, bis absehbar ist, welcher Erfolg sich mit dem Voranbringen der Geschäftsidee einstellt. „Selbstverständlich suchen alle das Unicorn von morgen“, fasst Jens Utz zusammen. Ausschlaggebend für ein erfolgreiches Setup und spätere Skalierung eines Geschäftsmodells sei definitiv ein Team mit Unternehmergeist, welches sich fachlich ergänzt, kreativ und diskursfähig ist, offen für Veränderungen – ohne aber den eigentlichen Fokus zu verlieren.
Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung im Aufbau von internationalen Marken gehört für eine Einschätzung bzw. Bewertung von Geschäftsmodellen neben dem USP, Problemlöser, Skalierbarkeit etc. ein weiterer wichtiger Faktor dazu – Ein Geschäftsmodell muss selbsterklärend sein, das heißt, die Zielgruppe erkennt den Produktvorteil für sich ohne umfangreiche Argumentation.
Im Idealfall ergänzen die beteiligten (Privat-)Investoren das Team also durch ihre Kompetenz und bieten einen wirklichen Mehrwert. Dann steht der Weiterentwicklung des Unternehmens sowie dem Aufbau und der Positionierung einer erfolgreichen Marke nichts im Wege.