How-to: In einer Angel-GmbH organisieren

Teil 4: Der Zusammenschluss mehrerer Privatinvestor*innen - welche Vor und Nachteile hat das? Ein Gespräch mit Gigahertz Ventures aus Dresden.

„How-to: Der Business-Angel-Guide“  ist eine Einführung in die spannende Welt der Startups. Die Beitragsreihe ist Ratgeber, Erfahrungsbericht und Hilfestellung für die ersten Schritte als Business Angel. Sie macht deutlich, was die Entscheidung, ein junges Unternehmen aktiv zu begleiten und finanziell zu unterstützen, bedeutet. Denn Business Angel sein: Dazu gehört neben Kapital eine ordentliche Portion Leidenschaft!

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Business Angels fungieren als Mentoren, als Berater, als Geldgeber und Netzwerker. Für viele Startups sind sie eine wichtige Stütze und legen einen Grundstein für den späteren Erfolg. Im Fall von Gigahertz Ventures bekommen Gründer*innen gleich vierfache Unterstützung. Andreas Werner, Roger Dorsch, Stefan Schandera und Sven Sieber investieren gemeinsam in vielversprechende Jungunternehmen. Das Team tritt auch rechtlich als Einheit auf und hat dafür in Dresden eine Business-Angel-GmbH gegründet. Vier Engel für ein Startup – was bringt es, gemeinsam zu investieren?

Technologieorientierter Team-Spirit 

Um das Risiko eines Startup-Investments zu minimieren, sollten sich Business Angel mit der Frage auseinandersetzen, ob für sie ein Zusammenschluss mit Gleichgesinnten in Frage kommt. Für Stefan Schandera und Roger Dorsch, zwei der vier Gründungsmitglieder von Gigahertz Ventures, war diese Entscheidung rückblickend sehr leicht, wie sie im Interview erzählen. Die durch das Quartett gegründete GmbH ist noch jung – erst Mitte 2019 stellen sie sich formal auf. Weitaus früher werden dafür die optimalen Bedingungen geschaffen.

Gigahertz Ventures aus Dresden: Das sind Stefan Schandera (l.) und Roger Dorsch (2.v.r) sowie die beiden Privatinvestoren Andreas Werner (r.) und Sven Sieber. Bild: Gigahertz Ventures

„Der Gründung ging eine sehr intensive Phase voraus, welcher die Weiterentwicklung und schlussendlich der Verkauf einer Technologie-Firma zugrunde lag“, erinnert sich Stefan Schandera. Die Ausgangslage steht unter einem unternehmerisch günstigen Stern: Das Unternehmen, 2003 durch Andreas Werner und Sven Sieber gegründet, wächst zu diesem Zeitpunkt stark, ist Marktführer, verdoppelt seine Mitarbeiter-Zahlen. Siemens äußert Interesse am Kauf der Firma. Um diesen Prozess zu unterstützen, wird das Team 2016 durch Roger Dorsch und Stefan Schandera verstärkt.

Gerade im letzten Jahr vor dem Verkauf hat sich ein wirklich starkes Vertrauensverhältnis aufgebaut. Wir wussten genau, wie der andere tickt.

Das gewonnene, tiefgreifende Verständnis für Hard- und Software-Themen spiegelt sich auch im Investmentfokus der später gegründeten Angel-GmbH wider: „Technologie-orientierte Geschäftsmodelle mit spannenden Gründern und Gründerinnen“, fasst es Roger Dorsch zusammen. „Gerade Kombinationen aus Hard- und Software schauen wir uns gern an. Denn am Ende des Tages besteht unsere Welt nicht nur aus Software, sondern muss auch durch Hardware zugänglich sein.“

Vorteile für Business Angels

Nach dem Verkauf ist der Eifer geweckt – neben Teamgeist und Anlagenkapital verfügt das Team über zahlreiche nützliche Branchenkontakte. „Sollte uns also ein spannendes Startup begegnen, dann findet man sich – so war der erste Gedanke.“ Der Start als informelles Business-Angel-Netzwerk ist damit gemacht. Gerade für Stefan Schandera eine bereits vertraute Situation: „Aus meinem beruflichen Hintergrund hatte ich ohnehin schon viel damit zu tun. Ich war früher für internationale Organisationen weltweit unterwegs und habe dazwischen Business-Angel-Netzwerke aufgebaut, dabei jedoch eher in beratender Funktion und nicht als Investor.“

Doch schon bald wird den vier Business Angels deutlich: Eine Formalisierung hat viele Vorteile.

Bei all diesen Vorteilen darf jedoch nicht vergessen werden: Eine Angel-GmbH erfordert die Bereitschaft, sich zu 100 Prozent auf seine Teamkolleg*innen zu verlassen und ihnen in ihren Entscheidungen zu vertrauen. Für das Quartett war es somit wichtig, sich vorher gut zu kennen und so eine Basis für vertrauensvolles Arbeiten zu schaffen. Verallgemeinern wollen sie das aber nicht. Es bestünde durchaus die Möglichkeit, dass sich Business Angels wie bei einer normalen Unternehmungsgründung erst mit einem konkreten Gründungsvorhaben zusammenfinden.

Nach zwei ersten Investments der Gigahertz Ventures GmbH in Startups aus Rostock und der Schweiz, soll nun intensiver nach Mitteldeutschlands nächstem Unicorn Ausschau gehalten werden. Grund dafür ist nicht zuletzt auch der familiäre Bezug, den alle vier Mitglieder zur Region Mitteldeutschland haben. „Dresden als Gründungsstandort lag für uns gut in der Mitte“, sagt Stefan Schandera.

Mut bringt den Gewinn

Nicht nur für beteiligte Privatinvestoren, auch für Startups kann eine Angel-GmbH, in der mehrere Angels unter einem gemeinsamen formellen Dach fungieren, ein echter Gewinn sein. Der Investment-Fall verspricht mehr Expertise, größere Netzwerke, höhere Investitionsstärke, geringeres Risiko: Mit Gigahertz Ventures greifen Gründer:innen auf die Erfahrung aus mehr als 70 Jahre unternehmerische Tätigkeit zurück.

Wir bringen ein unterschiedliches Portfolio an Erfahrungen mit ein. Organisationstrategie, Vertrieb, Finanzen – für Themen, die wir nicht abdecken können, haben wir Partner im Netzwerk, mit denen wir schon lange zusammenarbeiten.

Ein wichtiger Punkt für die Business Angels ist auch das Thema Mut. Dabei geht es zum einen um entgegengebrachtes Vertrauen in Team und Produkt und das Bekenntnis für die Vision des Startups. Nach wie vor behalten sie das Risiko im Hinterkopf, investiertes Kapital zu verlieren. Zum anderen kennen sie die Situation der Gründer:innen gut und wissen, dass Mut auch Teil der Lebensschule auf dem Weg in die Selbstständigkeit ist. „In meiner eigenen Entwicklung kam ich immer wieder an den Punkt, mich zwischen dem abgesicherten Weg und dem für mich persönlich spannenderen, aber eben risikoreicheren Weg zu entscheiden“, sagt Stefan Schandera. Der Dresdener, der bereits als Student Mitte der 90er-Jahre sein erstes Unternehmen gegründet hat, erlebte gerade die Wendezeit als eine Zeit des Umbruchs mit vielen Herausforderungen.

Und auch heute noch, als Business Angel, braucht es Mut, sich für dieses Investitionsfeld zu entscheiden. „Um zu investieren, müsste ich heutzutage theoretisch nicht mal vom Sofa aufstehen“, sagt Roger Dorsch. Doch der Anspruch und Wunsch der vier Privatinvestoren ist weit mehr als das. Auch wenn der Weg als privater Investor manchmal hart sei und Erträge nicht immer direkt absehbar: „Leidenschaft zum Unternehmertum und die Möglichkeit, in ungewohnten Situationen immer wieder neu zu improvisieren – das ist für mich immer wieder eine spannende Herausforderung.“

Auf Netzwerkveranstaltungen vertreten Einzelne die Interessen der Angel-GmbH (hier: Roger Dorsch auf dem Investforum Pitch-Day 2021). Foto: Univations GmbH

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