Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Stellung der richtigen Diagnose. Mithilfe eines starken Magnetfeldes lassen sich von fast jeder Körperregion präzise Schichtaufnahmen anfertigen. Doch damit sind die Möglichkeiten noch längst nicht ausgeschöpft: Das Bildgebungssystem unterstützt Mediziner auch bei nadelbasierten Eingriffen wie lokalen Schmerztherapien und Biopsien zur Krebsdiagnose. Das Startup in-Line, die Ausgründung eines durch das EXIST-Gründerstipendium geförderten Projektes der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, entwickelt Assistenzsysteme, die diesen Prozess für Patienten sicherer und für Kliniken kostengünstiger machen.

Präzises Arbeiten dank neuartiger Software
Die beiden Gründer Sinja Lagotzki und Juan Sebastián Sánchez López haben bisher drei Prototypen entwickelt. Fachspezifisches Feedback erhielten sie dabei unter anderem vom Radiologen und Teammitglied Mathias Becker, der am Uniklinikum in Magdeburg tätig ist. „Zurzeit werden die Interventionen oftmals manuell durchgeführt, in manchen Fällen gibt es auch robotische Assistenzsysteme“, erklärt Sinja Lagotzki. Beide Varianten sind nicht optimal: Während die manuelle Anwendung mit wenig präzisen Schätzungen einhergeht, ist die Anschaffung eines Roboters, der meist nur auf eine Körperregion beschränkt ist, schlichtweg zu teuer.
Die Medizintechniker, die sich seit ihrem Masterstudium in Magdeburg kennen, schlagen mit ihren Entwicklungen zwei Fliegen mit einer Klappe. Zu ihren Tools gehört zunächst ein flexibles Gitter, welches auf die zu untersuchende Stelle geklebt wird. Anschließend werden mit dem MRT Bilder aufgenommen und der Radiologe kann in der neuartigen Software den Eintritts- und Zielpunkt der Nadel festlegen. Daraufhin bekommt der Mediziner angezeigt, an welcher Stelle er den dritten Bestandteil, eine Nadelführung, auf dem Körper platzieren muss, um die gewünschte Nadelausrichtung zu erreichen. Die Führung ist mit Gradzahlen versehen und so kann der Eintrittswinkel letztendlich genau eingestellt werden. Insgesamt ermöglicht dieses Verfahren Medizinern also einen zeitlich verkürzten Arbeitsablauf und kann zusätzlich flexibel für alle Körperregionen verwendet werden.
Klinische Zulassung eine Herausforderung
Soweit die Theorie: Um die medizinischen Tools vermarkten zu können, streben die Ingenieure nun die CE-Zertifizierung und damit die klinische Zulassung an. Dafür müssen die Anforderungen der Medizinprodukt-Verordnung erfüllt sein. „Dazu gehört die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems, eine Risikoanalyse und Tests zur Usability“, zählt die gebürtige Kielerin auf. Die Erfüllung dieser Regularien ist auch finanziell eine große Herausforderung. Rund 600.000 Euro benötigt in-Line, um die Produkte zum angestrebten Zeitpunkt im November 2020 auf den Markt zu bringen. Dafür begibt sich das Duo auf die Suche nach Investoren, einen kleinen Teil konnte bereits der ego.-Start Zuschuss für Existenzgründer decken.
„Wir werden nun Tests durchführen, um mit Fakten, beispielsweise der konkreten Zeiteinsparung, überzeugen zu können“, planen die Gründer. Hilfreichen Input gibt es außerdem von Seiten des Life-Science-Accelerators des Investforum Startup-Services und des Projektes „Accelerate Innovation in Material- & Life-Sciences“ des Technologieparks Weinberg Campus, für den das Gründerteam ausgewählt wurde. „Es ist interessant zu erfahren, mit welchen Herausforderungen andere Startups aus dem Life Science-Bereich konfrontiert sind. Konkrete Lösungsansätze, die wir gemeinsam erarbeiten, helfen uns sehr weiter“, so Lagotzki.
Weitere Assistenzsysteme geplant
In puncto Vertrieb planen die Gründer durch die Zusammenarbeit mit klinischen Zulieferern einen Kundenstamm aufzubauen. Bei hoher Nachfrage besteht das Ziel darin, weitere Hilfsmittel für Bildgebungssysteme – neben dem MRT auch die Computertomografie – zu entwickeln, die Behandlungsabläufe im Bereich Hirn- und Gefäßchirurgie oder Orthopädie in vielen Hinsichten erleichtern. „Es ist unser Wunsch, ein vielfältiges Portfolio an Assistenzsystemen auf den Markt zu bringen“, sagt die in-Line-Gründerin.
