Der erste Eindruck zählt. Das gilt nicht nur für den persönlichen Kontakt. Geht es darum, Kapital für die eigene Geschäftsidee einzuwerben, ist neben dem eigenen souveränen Auftritt auch das Pitch-Deck entscheidend. Damit euer zukünftige Investor auf euch aufmerksam wird, ist ein gut strukturierter und aussagekräftiger Pitch, der die Neugierde weckt, entscheidend. Wie gelingt es, aus der Masse hervorzustechen und welche Informationen gehören in ein gelungenes Pitch-Deck? Dafür haben wir mit Pitch-Trainerin Bianca Praetorius gesprochen.
Fokus auf das Ziel
Die wichtigste Überlegung muss bereits vor der Ausarbeitung des Pitch-Decks erfolgen. Denn für den roten Faden, der sich durch den Aufbau des Pitches zieht, ist es wichtig, sich selbst zu verdeutlichen, was erreicht werden soll. Unterschiedliche Ziele erfordern auch eine unterschiedliche Ausrichtung des thematischen Schwerpunktes. „Will ich ein Investment? Dann sollte der Fokus auf der Market-Opportunity und dem Businessmodel liegen, in Zusammenhang mit der branchenspezifischen Kompetenz des Teams. Conversion, Sales, Wachstum, Geschwindigkeit – darum sollte es gehen“, erklärt Bianca. Um Kunden zu gewinnen, sollte der Pitch vor allem das Problem und die Lösung thematisieren und dies in einer Demo verdeutlichen. Für den Auftritt vor der Jury eines Gründerpreises oder Presseaufmerksamkeit ist neben diesen Schwerpunkten auch sinnvoll, die Story des Teams zu beleuchten, rät die Pitch-Trainerin. So hat sich inzwischen der Aufbau aus elf Folien bzw. Schwerpunkten etabliert, in denen kurz und prägnant ein Überblick zur Geschäftsidee und dem Finanzierungsbedarf gegeben wird (siehe Auflistung). Diese lassen sich zwar als Leitlinie verstehen, sollten aber je nach Ziel und Fokus individualisiert werden.
- Einleitung: Der ersten Sekunden sind bei einer Präsentation besonders entscheidend. Das Publikum muss überzeugt werden, Euch auch in den folgenden Ausführungen seine Aufmerksamkeit zu schenken. Auf der Folie können Key Facts wie Name, Logo, Kontaktdaten und sofern bereits vorhanden ein Werbeslogan auftauchen.
- Das Team: Das Know-how der Mitarbeiter*innen ist der Kern jeden Unternehmens. Nutzt diese Folie, um die Kompetenzen der Teammitglieder darzustellen, besonders interessante Eigenschaften machen Zuhörer neugierig.
- Das Problem: Welches Problem löst eure Geschäftsidee? Zeigt beispielsweise anhand einer Marktanalyse, dass es eine Lücke zu schließen gibt.
- Die Lösung: Nach dem Problemaufriss gilt es auf dieser Folie zu zeigen, dass eure Idee die perfekte Lösung für das genannte Problem ist. Hier kann bereits kurz darauf eingegangen werden, inwieweit sich der eigene Ansatz von anderen unterscheidet.
- Das Produkt: Nun ist es an der Reihe, das Produkt bzw. die Dienstleistung zu veranschaulichen, z.B. eine Demo zeigen oder einen Prototyp präsentieren. Sollte das nicht möglich sein, muss die Idee mit Hilfe des Pitch-Decks so transparent wie möglich visualisiert werden.
- Der Markt: Warum hat diese Geschäftsidee auf dem Markt eine reelle Chance? Eine realistische Darstellung der Situation anhand verständlicher Grafiken weckt das Interesse beim Investor. Konkrete Kennzahlen wie ein zu erwartender Marktanteil sind in diesem Fall aussagekräftiger als Worte.
- Das Geschäftsmodell: Beschreibt nun, wie Euer Unternehmen seine Umsätze generieren wird. Welche Einnahmequellen werden anvisiert und ab welchem Zeitpunkt kann mit ersten Umsätzen gerechnet werden?
- Der Unique Selling Point: Macht Eurem Publikum nun deutlich, welches Alleinstellungsmerkmal eure Idee aufweist, welche Vorteile und welchen Mehrwert sie mit sich bringt.
- Wettbewerb: Die aktuelle Wettbewerbssituation kann in einem Matrix-Diagramm sehr gut dargestellt werden. Stellt die zwei wichtigsten Faktoren Eures Business gegenüber und ordnet andere Wettbewerber ein. Auch ein angestrebtes Patent hat hier Platz.
- Proof of Concept: Der Machbarkeitsbeweis stellt die bereits erreichten Umsätze oder im Fall von Plattformen die Anzahl der aktiven Nutzer vor. Zeigt, was ihr schon erreicht habt oder wo ihr steht! Alternativ kann hier zum Beispiel auch eine langfristige Vision für eure finanzielle Entwicklung, aber auch das Unternehmen als Ganzes skizziert werden.
- Finanzierungsbedarf: Jetzt ist der entscheidende Moment gekommen, um über den finanziellen Bedarf zu sprechen. Beschreibt an dieser Stelle genau, was mit dem eingeworbenen Kapital erreicht werden soll, konkrete Beispiele überzeugen eher als allgemeinen Angaben.
Auf die Vorbereitung kommt es an
„Am meisten wird unterschätzt, wie präzise und kurzweilig man sich in fünf Minuten ausdrücken kann. Fünf Minuten klingt nach wenig Zeit, ist aber genug, dass vom Problem, Lösung, Markt, Geschäftsmodell, Konkurrenz, Team und Call-to-Action alles reinpasst“, sagt Bianca. Für einen flüssigen Ablauf ist Vorbereitung das A und O. Dafür kann man beispielsweise sein Smartphone zur Hilfe nehmen und seinen Pitch aufnehmen. „Augen auf und Ego hintenanstellen, verbessern, wieder pitchen. Wieder aufnehmen“, appelliert sie. Um alle Unsicherheiten auszuräumen, könne es sich auch lohnen, Feedback von Menschen zu erfragen, die bereits viele Pitches gesehen haben. Projekte wie der Investforum Startup-Service können bei der Erstellung ebenfalls Hilfestellung geben.
Natürlich stehen die Inhalte im Mittelpunkt, um diese aber gut zu transportieren, ist die Optik genauso entscheidend. Eine übersichtliche Gestaltung, ein unterstützendes Design und eine ausgewogene Abwechslung aus Text und verständlichen Grafiken, steigern den Erfolg des Pitch-Decks. „Ein häufiger Fehler, den angehende GründerInnen machen, ist, dass das Versand-PDF des Pitch-Decks oft auf einer Bühne vorgetragen wird. Unbedingt vermeiden. GründerInnen müssen ein Versand-PDF mit viel Text, vielen Erklärungen und eine „Vortrags-Präsentation“ mit wenig Text und vielen genauen Erklärungen auf der Tonspur haben“, weist die Berlinerin auf die Formalia hin. Gerade bei einem Pitch vor Publikum soll dieses seine Aufmerksamkeit dabei auf den Vortrag richten und durch die Präsentationsfolien nicht zu sehr abgelenkt sein.

Den digitalen Pitch zum eigenen Vorteil nutzen
Dass angesichts der aktuellen Lage der Bühnen-Auftritt vor großem Publikum ausfallen muss und viele Events, somit auch der Pitch online stattfinden, sieht die Pitch-Trainerin als Chance. „Denn Venture Capitalists und Angels, die sonst einen sehr vollen Terminkalender haben, nehmen sich mal ein Stündchen Zeit für einen Call. Geht respektvoll mit der euch geschenkten Zeit um! Höchstens fünf bis sieben Minuten pitchen, der Rest gehört ins Backup. Der Austausch ist wertvoller für euch als der Pitch am Anfang des Calls“, so Bianca. So kann die Pandemie auch zum Vorteil werden. Wenn es das Geschäft des Unternehmens betrifft, im besten Falle sogar beflügelt, sollte der Bezug auf die bevorstehenden gesellschaftlichen Veränderungen durch Corona nicht fehlen. Eigeninitiative kann momentan ebenfalls schneller belohnt werden. „Bittet um einen persönlichen 30 Minuten-Call für ein Feedback. Fragt nicht direkt nach Geld, sondern fragt nach Feedback. Das erleichtert die soziale Dynamik zwischen euch.“
Auch nach dem Pitch gilt es, vorbereitet zu sein. Falls ein Investor nachträglich Fragen stellt, muss deutlich werden, dass das Gründerteam sich tiefgreifend mit der eigenen Geschäftsidee auseinandergesetzt hat. Liegen trotz aller Vorbereitungen mal die Nerven blank, ist das halb so schlimm. Gerade in solchen Situationen gehöre die Aufregung dazu, so die Pitch-Trainerin. „Im Zweifel: Vertrau Dir. Sei nicht aus Höflichkeit oder falscher Bescheidenheit kleinlaut. Triff dein Gegenüber auf Augenhöhe. Ihr geht im besten Fall eine auf Jahre angelegte Vertrauensbeziehung ein. Sei Du selbst, auch wenn das abgedroschen klingt – es macht etwas aus.“
Website Bianca Praetorius: https://www.biancapraetorius.com/